Fotos: Nick Wagner
Nach 18 Jahren des Stillstandes findet im November dieses Jahres erstmals wieder eine Kunstmesse für zeitgenössische Kunst in Düsseldorf statt. Veranstaltungsort der neuen ART DÜSSELDORF sind die historischen Hallen des „Areal Böhler“. Mit ihrer eindrucksvollen Industriearchitektur bilden diese den atmosphärischen Rahmen der neuen Messe. Ein neues Konzept bildet den inhaltlichen Rahmen. Ich spreche mit Walter M. Gehlen, der als Co-Direktor zusammen mit Andreas Lohhaus für die ART DÜSSELDORF verantwortlich ist.
Zur Partnerschaft: Seit Februar ist die MCH Group in Basel 25.1%ige Teilhaberin der art.fair International GmbH. Das Kerngeschäft dieser Schweizer Unternehmensgruppe ist die Durchführung von internationalen und nationalen Fach- und Publikumsmessen. Wichtig zu nennen sind vor allem die international ausgerichteten Kunstmessen Art Basel in Basel, Miami Beach und Hongkong. Mit den neu geschaffenen Regional Art Fairs sollen nun regionale Kunstmessen aufgebaut werden.
Wie habe ich mir die regionale Ausrichtung eines internationalen Messebetreibers vorzustellen? Welche Motivation steckt dahinter?
Gehlen: Ziel dieses Formates ist es, den regionalen Kunstmarkt innerhalb des internationalen Kunstmarktes zu stärken. Soll heißen, dass so Standorte wie Düsseldorf gestärkt werden, die bereits auf nationaler Ebene als Kunstmetropole etabliert sind, die internationale Strahlkraft aber noch gesteigert werden kann. Die Regional Art Fairs profitieren dabei von der Erweiterung ihres Netzwerkes und die neue Art Düsseldorf von der Einbindung in diese professionell aufgestellte internationale Struktur. In der Folge ist eine internationale Aufmerksamkeit auf unsere Region zu erwarten, die nicht nur die Bindung zu unseren Sammlern vor Ort und hiermit den Kunsthandelsstandort Düsseldorf stärken wird, sondern darüber hinaus auch neue Sammler – weit über die Region hinaus – mobilisieren wird. Und genau diese Motivation steckt hinter diesem Konzept.
Zur Konkurrenzsituation Art Cologne: Auch in Berlin ist im September eine neue Kunstmesse gestartet, die aus dem Format der vorherigen „abc art berlin contemporary“ entwickelt wurde. Das dortige Konzept basiert auf einer Kooperation der Art Cologne, die hier jährlich im Frühjahr im benachbarten Köln stattfindet, mit Berliner Initiatoren. Auch dort ist die Einbindung der rheinischen Sammlerszene in das internationale Netzwerk beabsichtigt. Ungeachtet der Parallelen kritisiert Daniel Hug, Direktor der Art Cologne, das hiesige Kooperationsmodell. Mit den „Ablegern“ der Schweizer, die nun aber überall auf der Welt gegründet würden, befürchtet er die Verdrängung regionaler Kultur und wertet dies als eine Form von Kolonialismus. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Gehlen: Kolonialismus arbeitet mit Ausbeutung, Verdrängung und Unterdrückung. Wie bereits eben dargestellt, ist unser Modell das komplette Gegenteil. Wir setzen niemanden unter Druck, sondern unsere Aussteller nehmen an der ART DÜSSELDORF teil, weil das Konzept so überzeugend ist. Allein die Tatsache, dass die gesamte Organisation und Durchführung durch Akteure aus der Region erfolgt, lässt bereits erkennen, dass dieses Modell zur Stärkung der Region beiträgt. Mit der ART DÜSSELDORF schaffen wir ein zusätzliches hochkarätiges Messeangebot für das Rheinland, das bewusst im Herbst und nicht etwa zeitgleich zur Art Cologne im Frühjahr terminiert wurde. Unser gesamtes Programm ist auf die Zusammenarbeit mit und für die gesamte Region ausgerichtet.
Zu den Teilnehmern: Bezieht sich eine Zusammenarbeit z. B. auch mit Kölner Akteuren auf das Zielpublikum oder auch die Teilnehmer?
Gehlen: Sowohl als auch. Es sind zwölf Kölner Galerien vertreten. Die Möglichkeit, nun zweimal im Jahr den heimischen und weiteren internationalen Sammlern das jeweils aktuelle Galerieprogramm vor Ort präsentieren zu können, wurde von unseren rheinischen Ausstellern sehr positiv angenommen.
Wie stellt sich die Ausstellerliste zusammen und wer hat die Galerien ausgewählt?
Gehlen: Die Zielsetzung, regionales wie internationales Besucherinteresse zu wecken, machte eine entsprechende Mischung der teilnehmenden Galerien und somit auch des Zulassungsausschusses erforderlich. Der Ausschuss setzt sich aus zehn Vertretern namhafter Galerien zusammen, davon vier mit nationalem und sechs mit internationalen Firmensitz. Allesamt auf bedeutenden internationalen Kunstmessen aktiv. Das war für uns sehr wichtig. Von den 300 eingegangenen Bewerbungen wurden letztlich 80 Teilnehmer ausgewählt und hierbei wieder die Herkunft berücksichtigt. 70 % der nun teilnehmenden Galerien kommen aus den von uns als Region definierten Ländern (50 % aus Deutschland und 20 % aus den Beneluxländern). Die verbleibenden 30 % sind internationaler Herkunft.
Zum Programm: Auf Ihrer Website heißt es, dass moderne und zeitgenössische Kunst von 1945 bis heute zu sehen sein wird. Demnach kompakter als beim Kölner Nachbarn, der auch die Klassische Moderne mit einbindet?
Gehlen: Das ist richtig. Wir konzentrieren uns auf diesen Zeitraum und lassen vereinzelt auch ältere Positionen als sogenannte „references“ zu. Über die Gegenüberstellung zweier Positionen aus unterschiedlichen Epochen soll es möglich werden, eine „Referenz“, die Inspirationsquelle, zu einem zeitgenössischen Werk darzustellen.
Ein begehrter Programmpunkt der Art.fair war die Vergabe des BLOOM Award by WARSTEINER. Jungen Künstlern wurde innerhalb dieses Wettbewerbs die Möglichkeit gegeben, sich vor einer Expertenjury und Fachpublikum zu präsentieren, den Gewinnern durch Coaching und Kontakte der Einstieg in die Kunstbranche geebnet. Gibt es eine Fortsetzung?
Gehlen: Ja. Die gibt es. Die Teilnahme war stärker und globaler denn je … Über 2.300 Bewerbungen aus 90 Ländern! Der Wettbewerb hat sich in den letzten acht Jahren unglaublich entwickelt. Unter anderem gingen 125 Bewerbungen aus Israel und 86 aus dem Iran ein. Der BLOOM Award by WARSTEINER ist inzwischen Deutschlands größter offener internationaler Wettbewerb für Nachwuchskünstler.
Ist die Auswahl schon getroffen worden und wenn ja durch wen?
Gehlen: Auch diese Auswahl wurde schon getroffen. Die Bewertung erfolgte wie immer durch eine gemischte Expertenjury. Diesmal waren dabei: Prof. Dr. Stephan Berg (Intendant des Kunstmuseums Bonn), Alain Biber (Direktor des NRW-Forums Düsseldorf), Yasha Young (Direktorin und Kuratorin des Berliner Kunstmuseums „Urban Nation“), Catharina Cramer (Warsteiner) und ich.
Zum Abschluss: Klingt alles in allem nach viel Arbeit und großer Anspannung?
Gehlen: Meine Anspannung ist mittlerweile einer Entspannung gewichen. Wir haben eine starke Ausstellerliste, ein hochkarätiges Programm, bringen Experimentelles mit Kanonisiertem zusammen … Die Voraussetzungen für eine spannende neue Messe sind erfüllt.
Weitere Informationen
… über die Art Düsseldorf: https://www.art-dus.de