Elke Backes und Markus Eisenbeis als Crypto-Avatare im virtuellen Ausstellungsraum zum Projekt Subject to Change – Hyperreality and the Godpixel. Bildbearbeitung: Natascha Romboy.
NFT (Non-Fungible Token), Blockchain, Kryptowährung, Hardware-Wallets – Begriffe, die viele von uns eher skeptisch machen als begeistern und diejenigen, die weder IT-affin noch leidenschaftliche Gamer sind, unmittelbar in die Flucht treiben. Ein Blick in die sogenannten Marketplaces, schlimmstenfalls in den größten offenen Marktplatz OpenSea, trägt ein Übriges dazu bei. Dort, zwischen Blinkekatzen und Cybermonstern, gute Kunst zu finden ist fast unmöglich.
So viel ist klar, es braucht eine Hilfestellung. Und das sowohl hinsichtlich des Angebotes als auch hinsichtlich des Verständnisses.
VAN HAM hat sich dieser Aufgabe angenommen und nicht nur die erste Auktion hybrider NFTs in Deutschland durchgeführt, sondern auch zuvor eine NFT-Konferenz im eigenen Haus ausgerichtet.
Allein die Tatsache, dass NFTs in die Auktion der Modern Week aufgenommen wurden, macht deutlich, dass diese in kürzester Zeit den Kunstmarkt um etwas ernstzunehmend Neues erweitert haben.
Insbesondere über das sensationelle Auktionsergebnis von 69 Millionen Dollar, das Christie’s im März dieses Jahres für die digitale Collage Everydays: The First 5000 Days des Grafikdesigners Mike Winkelberg, alias Beeple erzielen konnte, wurde eine unaufhaltsame Lawine ins Rollen gebracht, die auch das Kölner Auktionshaus vor neue Herausforderungen stellte.
Beeple (Mike Winkelberg) Everydays: The First 5000 Days
Für Markus Eisenbeis, geschäftsführender Gesellschafter von VAN HAM, war es zunächst wichtig, einen Brückenschlag zwischen dem traditionellen und digitalen Sammeln zu schaffen und einen Einstieg in die Welt der NFTs zu ermöglichen. So kam die Idee zustande, mit einer hybriden Auktion von NFTs zu starten.
Während wir den Begriff hybrid zum Beispiel beim Auto als eine Mischung aus Elektro- und Verbrennungsmotor kennen, bedeuten hybride NFTs in unserem Fall eine Mischung aus virtuellem und realem Erwerb eines Kunstwerks. Konkret wurden fünf sogenannte »Godpixel«-8K-NFTs von Gavin Evans mit den dazugehörigen signierten Drucken als Unikate angeboten.
O.l.: Björk, o.r.: Ai Weiwei, u.l. David Bowie, u.r.: Daniel Craig. Portraits aus dem Projekt Subject to Change – Hyperreality and the Godpixel von Gavin Evans.
Mittels der NFTs wurde also das jeweilige virtuelle Eigentum an einem der fünf Godpixel verbrieft.
Bevor wir uns mit der technischen Erklärung von NFTs beschäftigen, ist es an dieser Stelle deshalb zunächst wichtig zu wissen, dass ein Non-Fungible Token vergleichbar ist mit einem Zertifikat, das die Echtheit und Herkunft eines Kunstwerks absichert.
Insbesondere in der digitalen Kunst wurde damit eine revolutionäre Veränderung herbeigeführt. Während es zuvor ein Leichtes war, Dateien aus dem Internet zu vervielfältigen, sorgt die Generierung eines NFTdafür, dass ein Werk sowohl dem Urheber als auch dem Eigentümer zugeordnet werden kann. Die Vervielfältigung ist zwar nach wie vor möglich, doch das Eigentum von digital entwickelter Kunst wird über die Generierung eines dazugehörigen NFT geschützt.
Doch was genau ist eigentlich ein NFT und wie entsteht er?
Voraussetzung
Grundlage zur Generierung eines NFT war die Entwicklung der Blockchain-Technologie, die eine nicht manipulierbare Speicherung von Daten auf einem dezentralisierten Netzwerk ermöglicht. Sozusagen eine Cloud, die jedermann Zugang gewährt und sich mit jeder Veränderung der darin gespeicherten Daten immer weiter fortschreibt und aktualisiert. Block steht deshalb für Datenblock, Chain für die Kette, die sich unendlich fortschreiben lässt. Ein Token ist ein solcher Datenblock.
Blockchain als grafische Darstellung.
Was genau ist ein Token?
Ein Token ist ein digitales Abbild oder besser gesagt: ein Repräsentant für etwas anderes. Auf analoger Basis vergleichbar mit einem Geldschein, der einen bestimmten, unveränderbaren Wert repräsentiert und untereinander austauschbar ist.
Folie aus dem Vortrag von Prof. Wolfgang Prinz, stellv. Institutsleiter Fraunhofer FIT, anlässlich der NFT-Konferenz bei VAN HAM.
Ein Non-Fungible Token hingegen ist – wie die Übersetzung bereits erkennen lässt – ein nicht austauschbarer Token. Er ist der digitale Fingerabdruck einer Datei, der aus ihren Metadaten gespeist wird und deshalb eindeutig identifizierbar ist. Sein Wert entwickelt sich aus Angebot und Nachfrage. NFTs repräsentieren meist Bilder oder Videos, doch können sie nahezu alles abbilden. So zum Beispiel auch Musik, Domainnamen oder virtuelle Grundstücke.
Folie aus dem Vortrag von Prof. Wolfgang Prinz, stellv. Institutsleiter Fraunhofer FIT, anlässlich der NFT-Konferenz bei VAN HAM.
Was bedeutet das für die Kunst?
Für die Kunst bedeutet das zusammengefasst, dass mittels eines NFT der digitale Repräsentant eines Kunstwerks geschaffen wird, dessen Herkunft, Originalität und Besitzkette unwiderruflich und transparent auf der Blockchain gespeichert ist. Jeder Handel mit diesem Kunstwerk ist damit für jeden nachvollziehbar.
Wie wird ein NFT übertragen?
Voraussetzung ist zunächst einmal die Anlage eines virtuellen Portemonnaies – dem sogenannten Wallet. Das Wallet ist zum einen erforderlich, um NFTs wie in einem Depot speichern zu können und zum anderen, um darüber den Geldfluss wie auf einem Girokonto abwickeln zu können.
An- und Verkäufe sind allerdings ausschließlich in Kryptowährungen möglich. Zum Umtausch von Euro in eine Kryptowährung bedarf es deshalb der Eröffnung eines Kontos auf einer entsprechenden Handelsplattform, wie beispielsweise Coinbase. Von dort wird dann der für den Ankauf eines NFT erforderliche Betrag auf das Wallet transferiert. Alles ganz einfach per Handy möglich. Aber …
Unsicherheiten beim Ankauf eines NFT über einen digitalen Marktplatz
Vielen dürfte es spätestens an dieser Stelle mulmig werden.
- Das Vertrauen in die fremde Währung ist nicht gegeben.
- Die Höhe der entstehenden Transaktionskosten ist nicht transparent und kann für unangenehme Überraschungen sorgen.
- Wallets sind eine beliebte Zielscheibe für Hacker. Wird das Wallet gehackt, sind nicht nur das eingezahlte Geld, sondern auch die NFTs verloren.
- Verkäufer und Käufer sind aufgrund verschlüsselter Namen anonym.
Sicherheiten beim Ankauf eines NFT über ein Auktionshaus
Genau diese Unsicherheiten schließt der Ankauf von NFTs über ein Auktionshaus aus, wie mir Markus Eisenbeis im Gespräch erläutert.
Im Gespräch mit Markus Eisenbeis (Foto: Elisa Dorin).
Eisenbeis: Die NFTs werden in Euro aufgerufen und können auch in Euro bezahlt werden. Der Ankauf einer Kryptowährung und die damit verbundenen Transaktionskosten entfallen. Es bedarf lediglich eines Wallets, um den NFT darauf zu übertragen. Um vor Hackerangriffen zu schützen, empfehlen wir das sogenannte Hardware-Wallet. Dieses sieht aus wie ein USB-Stick und ist so etwas wie ein digitaler Safe, den man zu Hause hat.
Beispiel eines Hardware-Wallets.
Vor der Auktion waren die NFTs auf dem Hardware-Wallet von Gavin Evans gespeichert. Erst nach vollständiger Zahlungsabwicklung über unser Haus wurde der angekaufte NFT direkt von seinem Wallet auf das des Käufers übertragen.
Wichtig zu ergänzen ist, dass alle Zahlungsabwicklungen in einem Auktionshaus nach den Regeln des Geldwäschegesetzes erfolgen. Jeder Käufer muss sich registrieren und ausweisen. Ab einer bestimmten Summe müssen wir darüber hinaus auch die Herkunft des Geldes prüfen. Insgesamt also ein sichereres Verfahren als die anonyme Abwicklung über einen der Marketplaces.
E.B.: Die darüber hinaus hinsichtlich ihres Angebotes, wenn es sich nicht um kuratierte Plattformen handelt, auch sehr unübersichtlich sind. Ohne eine Vorauswahl gibt man in der Regel nach wenigen Minuten entnervt auf.
Screenshot einer Bildschirmansicht von OpenSea.
Wie mit Gavin Evans Godpixel ein inhaltlicher Zugang geschaffen wurde
Eisenbeis: Absolut. Den meisten Sammlern fehlt auch einfach der inhaltliche Zugang. Dort etwas zu finden, das auch diejenigen anspricht, die ein traditionelles Interesse an Kunst haben, ist nicht einfach. Um in diesen Markt einsteigen zu können, war es für uns deshalb wichtig etwas anzubieten zu können, das die virtuelle Welt der Kunst-NFTs auch inhaltlich zum Ausdruck bringt und verständlich werden lässt. Dass mich ein glücklicher Zufall zu Gavin Evans führte, war deshalb ideal.
E.B.: Wie stellt sich der inhaltliche Bezug konkret dar?
Eisenbeis: Es handelt sich um Fotografien, die Evans digital aufgenommen, mithilfe von Morphing-Techniken weiterentwickelt und in virtuelle Kunstwerke übertragen hat. Von ihm ausgewählt wurde ein Moment zwischen zwei tatsächlich entstandenen Bildern, der nur mithilfe dieser Technik generiert werden konnte. Ausgangspunkt dieser künstlerischen Auseinandersetzung war für ihn die Frage, wie sich die Fotografie hinter dem rein fotografischen Prozess als solchem weiterentwickeln kann. Soll heißen, wir haben es hier mit einer Fotografie zu tun, die zwischen realer und digitaler Welt entstanden ist und dabei auch inhaltlich den wechselseitigen Übergang dieser Welten als sehr zeitgenössisches Thema behandelt.
Gemorphtes David Bowie-Portrait von Gavin Evans.
E.B.: Und über die Kombination aus NFT und Print auch über diese Medien das Thema spiegelt. Handelt es sich allerdings um den Ankauf eines rein digitalen Werks, ist vielen völlig schleierhaft, warum man sich dafür begeistern kann. Es fehlt ihnen einfach das Bild an der Wand.
Eisenbeis: Man muss sich darüber bewusst sein, dass das Digitale eine Erweiterung unserer Erlebniswelt darstellt, die sich immer stärker mit unserer Realität vermischt.
Die jüngere Generation bewegt sich darin mit einer Selbstverständlichkeit, die uns fremd ist.
Letztlich trifft auch der NFT-Markt das Herz des Sammelliebhabers, der mit dem jeweiligen Werk eine persönliche Geschichte verbindet, die er mit anderen teilen möchte.
Er möchte seine Schätze deshalb ebenso zeigen wie der traditionelle Sammler. Doch braucht er dafür keine repräsentative Wohnung, sondern nichts weiter als ein Handy. Er kann sich auch einen virtuellen Showroom gestalten und diesen immer wieder einfach ändern. Insgesamt bringt das digitale Sammeln unschlagbare Vorteile mit sich. Es erfordert keine Lagerung, keine Transporte, keine Rahmungen, keine Versicherungen und birgt ein geringes Risiko möglicher Beschädigungen in sich.
E.B.: Insgesamt höre ich eine große Begeisterung heraus. Geht es also weiter mit Auktionen von Kunst-NFTs bei VAN HAM?
Eisenbeis: Davon ist auszugehen. Dieser Markt entwickelt sich rasend schnell weiter und ich bin mir sicher, dass auch weiterhin daran gearbeitet wird die derzeitigen Barrieren abzubauen. Ich selbst habe auch schon einige Ideen, die aber noch nicht ausgefeilt genug sind, um darüber zu sprechen …
Man darf also gespannt sein, wie es weitergeht. Die Auktionspremiere ist auf jeden Fall geglückt. Alle hybriden Godpixel von Gavin Evans fanden einen neuen Besitzer. Besonders begehrt war das Porträt von Ai Wei Wei, das für 17.850 Euro verkauft wurde.
Die Versteigerung des hybriden Godpixels von Ai Wei Wei, © Meike Schrömbgens/VAN HAM Kunstauktionen.
Weiterführende Links:
Aufzeichnung der Konferenz „Kunst und NFTs“ bei VAN HAM: https://www.youtube.com/watch?v=m0EN34-6b6Y&t=1582s
Gavin Evans: https://www.gavinevans.com
Marketplace Opensea: https://opensea.io
Kryptowährungsplattform Coinbase: https://www.coinbase.com/de/