Fotos: Markus Schwer
Berlin. Mit einer nicht zu bremsenden Leidenschaft für Kunst gelingt es Reiner Opoku seit den frühen 1980er Jahren immer wieder aufs Neue, innovative kunst- und kulturfördernde Projekte auf der Basis unterschiedlichster Kollaborationen konzipieren und realisieren zu können. Zu seinen Partnern zählen namhafte zeitgenössische Künstler wie Jiří Georg Dokoupil, Julian Schnabel oder David LaChapelle, internationale Museen und Foundations sowie weltweit führende Marken und Institutionen. Seine Profession sieht er schlicht darin, die richtigen Leute zusammenbringen zu können. Mit der Frage, wie und wo man diese Leute denn kennenlernt, steigen wir in unser Gespräch ein.
Opoku: Ich war einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. In den 1980er Jahren war das die Stadt Köln, wo sich der Kunsthandel rund um die Neuen Wilden konzentriert hatte. Künstler wie Dokoupil, Dahn, Kippenberger, Salomé, Fetting, Oehlen etc. hatten in Deutschland neue Impulse in der Malerei gesetzt und in Künstlern wie Julian Schnabel, Keith Hearing oder Jean Michel Basquiat in New York ihr inhaltliches Pendant gefunden. Vor diesem Hintergrund hatte sich zwischen Köln und New York ein reger Austausch entwickelt. Viele meiner heutigen Kontakte und Freundschaften entstammen dieser Zeit.
Demnach waren Sie im Kunsthandel tätig?
Opoku: Nein. In der Gastronomie (lacht). Mit 18 Jahren habe ich meine erste Bar eröffnet, wenig später mit der Übernahme des legendären Roxy meine zweite. Das Roxy war ein beliebter Künstlertreffpunkt und so kam man entsprechend schnell mit vielen der genannten Künstler ins Gespräch. Ich war sofort fasziniert von diesem anderen Blick auf die Welt und entschloss mich deshalb mit 22 Jahren zu einem Wechsel in die Kunst.
In die Bildende Kunst?
Opoku: Nein. Ich wurde Assistent von Dokoupil – habe Keilrahmen aufgespannt, seine Ausstellungen vorbereitet … war sehr nah dran an der Kunst. Für mich war das letztlich viel besser als jedes Kunststudium. Über meine Tätigkeit stellte ich dann sehr schnell fest, wie viel Zeit für die Kommunikation mit Galeristen, Sammlern, Institutionen etc. und der logistischen Abwicklung seiner Ausstellungen aufzubringen war. Zeit, die ihm für sein kreatives Schaffen fehlte. Weil ich schon damals daran glaubte, dass Künstler einen wichtigen gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen haben, sah und sehe ich mich auch immer noch in der Verantwortung, ihnen die administrativen Aufgaben abzunehmen. Peu à peu entwickelte ich mich deshalb vom Künstler-Assistenten zum Künstler-Agenten.
Nebenbei wurden Sie für den Taschen Verlag Verkaufsdirektor für Asien, Australien und Osteuropa und eröffneten in den 1990er Jahren ein Kunstkaufhaus in Köln, um über das Buch zur Graphik, zur Zeichnung und letztlich zum Bild den Durchschnittsverdiener an das Sammeln von Kunst heranzuführen. Soll heißen, Sie wurden auch zum Experten für Buch- und Graphikeditionen. Haben Sie in dieser Zeit mit dem Gedanken gespielt einen eigenen Verlag zu gründen?
Opoku: Weil ich mir immer den Freiraum erhalten wollte, neue Projekte und neue Konzeptionen entwickeln zu können, habe ich in Sachen Buch- und Graphikeditionen mein Know-how und meine Kontakte lieber dazu genutzt, die Künstler beraten und an die entsprechenden Verlage vermitteln zu können.
Apropos Vermitteln. Seit ungefähr zehn Jahren vermitteln Sie Künstler auch an weltweit führende Marken. Wie kamen hierbei die Kontakte zustande und wie kann man sich eine Zusammenarbeit von Künstlern und Marken vorstellen?
Opoku: Üblicherweise nutzen Unternehmen das Sponsoring als reines Marketingtool. Es gibt aber mittlerweile auch sehr viele Unternehmen mit namhaften eigenen Kunstsammlungen, denen an einer direkteren Künstlerförderung gelegen ist. Vor diesem Hintergrund wurden von mir die St. Moritz Artmasters entwickelt, die ich acht Jahre als Kurator geleitet habe. Ziel dieses Kunst- und Kulturfestivals war es, das Engadin in der Zeit des Sommers durch ein attraktives Programm zu beleben. Nationale und internationale Künstler werden eingeladen, eigene Projekte in Abstimmung auf unterschiedlichste Locations zu konzipieren und zu präsentieren. Bei diesem Festival entwickelten sich dann nicht nur immer neue Kontakte zu international agierenden Unternehmen, sondern auch die Idee, Produkte künstlerisch interpretieren zu lassen. So kam es dann beispielsweise zur Inszenierung des Maybach durch David LaChapelle.
Das heißt, Unternehmen kommen auf Sie zu und Sie überlegen, wie ein bestimmtes Produkt auf dem Markt durch welchen Künstler inszeniert und hiermit positioniert werden kann?
Opoku: Genau. Es heißt dann hierfür die richtigen Partner zu finden und zusammenzuführen. Immer vorausgesetzt, dass eine solche Kollaboration für die jeweilige künstlerische Entwicklung Sinn macht.
Diese Idee findet in der Organisation Parley for the oceans, in der Sie gemeinsam mit ihrem Partner Cyrill Gutsch agieren, ihren derzeitigen Höhepunkt. Was passiert hierbei genau?
Opoku: Parley for the oceans ist eine international agierende Unweltorganisation mit Hauptsitz in New York, die sich aus den unterschiedlichsten Bereichen der Rettung der Weltmeere verschrieben hat. Gemeinsam mit den Umweltorganisationen der verschiedenen Länder sorgen wird dafür, dass Plastikmüll eingesammelt, recycelt und in nutzbare Produkte umgewandelt wird. Unsere Idee bestand darin, die Kreativszene aktiv einzubinden. Künstler, Schauspieler, Musiker oder Designer haben einfach eine wesentlich höhere Glaubwürdigkeit in ihrer Community als Politiker. Mittlerweile haben wir viele Künstler und Kreative an Bord, die uns unterstützen. So konnten beispielsweise die aus recyceltem Ocean Plastic kreierten Kollektionen des Musikers Pharell Williams für G-Star RAW oder die der Designerin Stella McCartney für Adidas bereits erfolgreich unsere Botschaft transportieren; ebenso die Installation der ,Underwater Pavilions’ des Künstlers Doug Atkin vor der Küste Südkaliforniens, die in Kooperation mit dem Museum of Contemporary Art, Los Angeles realisiert wurde.
Und das wird alles hier von Ihrem Berliner Büro aus gestemmt?
Opoku: Das Headoffice von Parley ist ja in NY. Von Berlin aus entwickeln wir hauptsächlich die Kunst-Kollaborationen. Wie bei meinen anderen Projekten auch, entwickle ich in erster Linie nur die Ideen und bringe zur Ausführung einfach die richtigen Leute zusammen. Routine ist nichts für mich. Ich möchte mich über neue Projekte immer wieder selbst neu erfinden können.
Offensichtlich ein Modell, das funktioniert. Was hat es mit den Gemälden auf sich, die wir hier an den Wänden präsentiert sehen? Sind Sie auch als Galerist tätig?
Opoku: Nein. Ich bin zwar auch im Handel tätig, aber nicht mit eigener Galerie. Diese Gemälde hier sind von Thomas Grundmann, einem Künstler, den ich schon seit vielen Jahren kenne. Der Raum bot sich einfach an, anlässlich unserer Büroeinweihung einmal eine kompakte Gruppe seiner Bilder zu zeigen. Ich hätte zwar bestimmt auch ein erfolgreicher Galerist werden können … aber wie gesagt … Routine ist nichts für mich (fügt er verschmitzt lächelnd hinzu).
Weitere Informationen
… über Reiner Opoku: http://reiner-opoku.com