Ulrike Rosenbach, Folien: Typisch Frau: Frauenkultur-Kontaktversuch (Cowgirl, Marilyn Monroe, Alte Frau) 1979/2010, Farbdruck auf Folie, 150 x100 cm.
Text: Dr. Elke Backes
Mit Ulrike Rosenbach, Sabrina Jung, Noa Yekutieli, Keti Kapanadze und Michelle Grabner, werden am Messestand der Galerie Gisela Clement gleich fünf KünstlerInnen aus vier Generationen präsentiert, die auf vielfältigste Art und Weise mit starken Positionen Stellung beziehen.
Ulrike Rosenbach (*1943), eine der PionierInnen der deutschen Video- und Performancekunst, bildet mit ihren Werken den Hauptact. Handelt es sich hierbei doch um bedeutende und auf dem Kunstmarkt rare fotografische Arbeiten aus den 1970er Jahren, die beispielhaft ihre feministischen Themen zum Ausdruck bringen.
Ulrike Rosenbach, Elvis: Art is a criminal action III, 1969/2017, Fotomontage auf Fotoleinen, 188 x 170 cm, AP.
Neben ihrem berühmten Elvis-Motiv, sind erstmals drei Fotografien zu sehen [s. Cover], die eine ihrer Interventionen im öffentlichen Raum dokumentieren. Seinerzeit nutzte Rosenbach eine Litfaßsäule in Bonn als Fläche, um darauf großformatig typisierte Frauen, wie beispielsweise Marilyn Monroe im knappen Tanzkostüm, mit einem Spruchband umwickelt abzubilden. Neben dem Thematischen ist hier der Bildträger das Besondere. Die transparente Folie lässt eine beidseitige Betrachtung zu, was zu interessanten „Durchblicken“ führt.
Sabrina Jung, o.l.: Cleo, o.r.: Ada, u.l.: Ulla, u.r.: Lulu, aus der Serie Queers, 2021.
Ebenfalls um Typisierung und Stereotypen innerhalb von Geschlechterrollen geht es in den Arbeiten der Serie Queers von Sabrina Jung (*1978). Die in einem Mix aus analoger und digitaler Technik entstandenen Collagen zeigen historische Frauenporträts, die mit fotografischen Ausschnitten männlicher Gesichter überlagert und somit verfremdet werden. Die Überlagerung wirkt wie eine dem Gesicht aufgesetzte Maske, die eine Zuordnung auf das Individuum oder Geschlecht unmöglich macht und sich letztlich als Sinnbild für die Inszenierung und Identitätssuche unserer Zeit lesen lässt.
Noa Yekutieli: Indirect Knowledge, 2021, Manual paper-cutting, 150 x 170 cm (gerahmt).
Identitätssuche, jedoch im Zusammenhang kultureller Ver- und Entwurzelung, spiegelt sich auch in den Arbeiten von Noa Yekutieli (*1989). Die auf den ersten Blick so idyllisch anmutenden feingliedrigen, im Papierschnitt entstandenen Werke zeigen Aus- und Einblicke aus Fenstern, die in der näheren Betrachtung ruinenartige Szenerien erkennen lassen. Als Künstlerin, die mit multikulturellem Hintergrund in Israel geboren wurde, verwendet Yekutieli Originalbilder, die Katastrophen des Palästina-Konflikts dokumentieren und spiegelt damit Zerstörung, Verlust, Trauma und Erinnerung in einer Technik, die gleichermaßen Zerbrechlichkeit und Beständigkeit suggeriert. Insgesamt Metaphorik pur!
Keti Kapanadze, Betwixt 2, 2019.
Die Auseinandersetzung mit Bildsprache bestimmt auch das Werk von Keti Kapanadze (*1962). Doch interessieren sie in diesem Zusammenhang Deutungszusammenhänge und Ordnungsprinzipien, die sich als Bild manifestiert haben. Mittels Dekonstruktion löst sie deshalb Objekte zunächst aus ihrem ursprünglichen Kontext, um sie dann über die Komposition in neuer Form in neue Deutungszusammenhänge zu übertragen. So spielt sie in dieser Dekonstruktion von Nierentischen sowohl mit deren Bild von Leichtigkeit und Verspieltheit in einer durch den Wiederaufbau und die Hoffnung auf ein besseres Leben geprägten Zeit der 1950er Jahre, als auch mit dem Bild der guten Hausfrau, deren Aufgabe in erster Linie darin bestand, das Zuhause möglichst heimelig herzurichten. Über die neue Codierung fordert Kapanadze zur Auseinandersetzung und Auflösung einer Denkstruktur heraus, die nach wie vor vielfach in unserem Gesellschaftsbild verankert ist.
Michelle Grabner, Untitled, 2021/2021/2017, Bronze, 27 x 27 cm.
Thematisch verwandt jedoch formal gänzlich anders ist das Werk von Michelle Grabner (*1962). Grabner nutzt wiederholt häusliche Motive aus den Bereichen Kleidung, Küche und Handwerk, um auf das traditionell weiblich konnotierte Kunstgewerbe zu verweisen. In einer minimalistisch abstrakten Formensprache setzt sie sich mit der strukturellen Frage nach dem Bild im Muster auseinander. So werden über die hier zu sehenden Bronzegüsse von Topflappen aufgrund des typischen Designs der 1950er und 1960er Jahre zwar ebenfalls Bilderinnerungen an diese Zeit mit ihren Konnotationen hervorgerufen, doch überlagert unmittelbar auch das Malerische der Gewebestrukturen und Patinierung die Wahrnehmung dieser wunderschönen Arbeiten.
Als Einblick in die Gesamtheit des Galerieprogramms sind neben den hier vorgestellten Positionen auch Werke von Joachim Bandau, Timo Kube, Roman Lang, Mike Meiré, Martin Pfeifle, Peter Tollens und Slawomir Elsner zu sehen.
Insgesamt deshalb ein: „Must see!“
Weitere Informationen
… zur Art Cologne: Art Cologne
… über die Galerie: Galerie Gisela Clement