Fotos: Karl Rogers
Inmitten des Areals der V&A Waterfront, des restaurierten Werft- und Hafenviertels rund um die beiden historischen Becken des Hafens von Kapstadt, befindet sich das 2017 eröffnete Zeitz MOCAA Museum. Es ist das erste Museum auf dem gesamten Kontinent, das sich ausschließlich auf die zeitgenössische afrikanische Kunst konzentriert und das erste, das für die Präsentation seiner Kunst eine spektakuläre Architektur kreieren ließ.
Insgesamt 42 stillgelegte Getreidesilos, jeweils 5,5 Meter Durchmesser und 33 Meter hoch wurden zu einem Museum umfunktioniert. Das Architekturbüro Thomas Heatherwick hat dabei eine Formensprache entwickelt, die den industriellen Charakter des Gebäudes transportiert und gleichzeitig eine geradezu sakrale Atmosphäre schafft.
Bild links: Wianelle Briers / Courtesy Zeitz MOCAA
Das Mammutprojekt ist das Ergebnis einer Vision. Einer Vision, hervorgerufen durch den Glauben an die Kraft der Kunst, gepaart mit einer Leidenschaft für diesen Kontinent, die Jochen Zeitz, den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Puma AG, zur Entwicklung und Realisierung dieses Projekts angetrieben hat.
Jochen Zeitz (Foto: Mia Collis)
Wir sprechen über die Hintergründe.
Mich interessiert zunächst, was Sie nach Afrika geführt und dort so begeistert hat?
Zeitz: Dorthin geführt hat mich meine Reiselust und das grundsätzliche Interesse für die Tierwelt und Natur. Afrika hat mich unmittelbar derart fasziniert, dass ich es eines Tages mein Zuhause nennen wollte.
Was Sie mit Ihrer Farm in Kenia mittlerweile auch in die Tat umgesetzt haben. Wie kam die Idee zustande, ein Kunstmuseum eröffnen zu wollen?
Zeitz: Von Kindheit an war ich kunstinteressiert. In der Schulzeit war es die Kunst der Antike, seit meinem ersten Job in New York war es dann vor allem die der Gegenwart. Bei meinen Rundreisen durch Afrika hielt ich deshalb immer wieder Ausschau nach entsprechenden Museen. Es gab sie nicht. So entwickelte sich die Idee, ein solches Museum zu gründen. Von vornherein hatte ich hierbei den Anspruch, dass es ein Museum mit Signalwirkung werden soll.
Hatten Sie direkt einen internationalen Anspruch?
Zeitz: Ich war immer der Meinung, dass Kunst eine starke Wirkung hat und deshalb Kultur verändern kann. Deshalb wollte ich mit diesem Museum vor allem in Afrika selbst eine höhere Aufmerksamkeit auf die eigene Gegenwartskunst lenken. Wollte hiermit gleichzeitig erreichen, dass talentierte afrikanische Künstler genauso viel Erfolg auf dem Kontinent haben, wie in Europa oder den USA. Aber selbstverständlich sollte dieses Museum auch internationalen Ansprüchen gerecht werden, um auch international ein Verständnis für die hiesige zeitgenössische Kunst vermitteln zu können.
Wie geht man an die Planung eines solchen Projekts heran?
Zeitz: Für ein Museum in der Größenordnung, wie es mir vorschwebte, brauchte es vor allem eine repräsentative Kunstsammlung. Deshalb begann ich damit, eine Sammlung zusammenzustellen, für die ich zuvor gemeinsam mit meinem Kurator entsprechende Kriterien angelegt hatte. Parallel hielt ich immer Ausschau nach einem geeigneten Ort. Es sollte schließlich 14 Jahre dauern, bis ich diesen Ort entdeckte und das Museum in Kooperation mit der V&A Waterfront Gesellschaft entwickeln konnte.
Inwiefern spielten beim Ankauf der Sammlung persönliche Vorlieben eine Rolle?
Zeitz: Die persönlichen Vorlieben hatten hierbei ganz klar zurückzustehen. Sie waren nicht ausschlaggebend. Was nicht heißen soll, dass ich eine Emotionalität, die auch über einen Kunstankauf entscheidet, vollständig ausschließen kann.
In drei Geschossen des Museums sind nun Werke Ihrer Sammlung, in einem weiteren aktuell die Wechselausstellung Five Bhobh: Painting at the End of an Era zu sehen. Nehmen Sie in irgendeiner Weise Einfluss auf kuratorische Entscheidungen?
Zeitz: Nein. Ich bin im Aufsichtsrat aktiv, aber auch dort entscheidet am Ende das Museumsmanagement nach klaren strategischen Vorgaben. Mir ging es vor allem darum, das Gesamtprojekt anzustoßen.
Meine Fragen hinsichtlich kuratorischer Entscheidungen beantworten mir die Kuratorinnen Gcotyelwa Mashiqa und Tandazani Dhlakama, die zum Gespräch hinzugekommen sind. Doch zuvor starten wir einen Rundgang durch das Museum. Gcotyelwa Mashiqa führt mich durch die Wechselausstellung.
o.l. mit Gcotyelwa Mashiqa, u.r. mit Claudia Neubronner
Führung von Gcotyelwa Mashiqa durch die Ausstellung Five Bhobh: Painting at the End of an Era Exhibition
Am Ende des Rundgangs wende ich mich an Frau Dhlakama: Jochen Zeitz sprach eben von Kriterien, die beim Ankauf seiner Sammlung berücksichtigt wurden. Nach welchen Kriterien wählen Sie Künstler für Ihre Ausstellungen aus?
Dhlakama: Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass wir uns nicht ausschließlich auf Künstler aus dem geopolitischen Raum Afrika beschränken, sondern dass für uns eine künstlerische Reflektion, den Kontinent betreffend, im Mittelpunkt steht. Wir interessieren uns für Arbeiten, die sich mit relevanten Themen der Gegenwart auseinandersetzen. Oft ist darin der Einfluss von Vergangenheit erkennbar, was sehr spannend ist. Kriterien können manchmal aber auch vom Gesamtkonzept einer Ausstellung beeinflusst werden. Für die aktuelle Wechselausstellung haben wir uns beispielsweise mit Künstlern befasst, die über die jüngsten Ereignisse in Simbabwe erzählen. Ebenso aber auch mit Künstlern, die sich über die traditionellen Grenzen des Mediums der Malerei hinwegsetzen.
Arbeiten Sie viel mit anderen Museen, Institutionen oder Galerien zusammen?
Dhlakama: Das ist abhängig von den jeweiligen Ausstellungen. Für die aktuelle Ausstellung war die Zusammenarbeit mit Organisationen in Simbabwe unerlässlich. Wir haben eng mit der National Gallery of Simbabwe und der Gallery Delta Foundation zusammengearbeitet. Beide Institutionen haben uns bei Logistik und Forschung unterstützt. Zur Vorbereitung der Show haben wir uns jedoch auch mit kommerziellen Galerien und künstlerisch gestalteten Räumen innerhalb und außerhalb Simbabwes beschäftigt.
Eine letzte Frage: Inwiefern lassen sich schon erste Erfolge der gesetzten Ziele erkennen?
Dhlakama: Das Museum ist erst ein Jahr alt. Die Entwicklung der Ziele, die wir uns gesetzt haben, können wir erst in einigen Jahren beurteilen. Ich persönlich freue mich, dass wir als einer von vielen neuen Kunsträumen in Kapstadt einen wichtigen Beitrag für die gesamte Entwicklung der hiesigen Kunstszene leisten. Es ist auch aufregend zu sehen, dass es immer mehr neue Interventionen, mehr Museen und alternative Räume überall auf dem Kontinent gibt und zu wissen, dass wir Teil einer breiten Bewegung sind. Einer Bewegung, die den Anspruch erhoben hat, ihre Sicht der eigenen Geschichte zu erzählen.
In der Tat. Ein Museum mit Signalwirkung . . .
Weitere Informationen
… über das Zeitz MOCAA: https://zeitzmocaa.museum