Text: Dr. Elke Backes, Fotos: Marina Chigheliman
Die Idee zu diesem Projekt hatte sich sehr schnell beim diesjährigen Rundgang in der Kunstakademie Düsseldorf in meinem Kopf zusammengesponnen. Die Vielfalt und Qualität der präsentierten Arbeiten hatten mich schlichtweg umgehauen. Ob Performance, Skulptur, Installation, Malerei, Film, Buch oder Fotografie, wirklich jedes Medium war hier vertreten und in verschiedenen Räumen perfekt aufeinander abgestimmt zu sehen. Mein erster Gedanke war es einzelne Positionen oder Räume herauszupicken und darüber zu berichten. Doch scheiterte diese Idee an der Qual der Wahl.
Warum dann nicht versuchen, in möglichst vielen Gesprächen eine oder mehrere übergeordnete Gemeinsamkeiten in einer Reportage herauszuarbeiten?
Dass gleich 17 Studenten der Klasse Schneider meiner Einladung zum Interview folgen würden, rief eine gewisse Sportlichkeit hervor. Allen war klar, dass nur ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung stehen würde, um das Wesentliche der jeweiligen Arbeit herauszustellen. Das Mammut-Interview entwickelte sich deshalb zu einer Art Speed-Dating …
Meine ersten an alle gerichteten Fragen betrafen das offensichtlich übergeordnet Gemeinsame. Welchen Einfluss nimmt Gregor Schneider als Künstler und Lehrender auf seine Klasse?
Sofort wird klar: Einen großen. Und nicht etwa „nur“, weil er ein bedeutender Künstler ist, sondern weil er sich mit vollem Einsatz seiner Aufgabe als Professor verschreibt. Es gibt wöchentliche Kolloquien, Einzelgespräche. In Lockdown-Zeiten gab es sogar Hausbesuche! Sie fühlen sich ernstgenommen, herausgefordert und schätzen den professionellen Umgang. „Ich brauche keinen Professor auf Kumpel-Ebene. Nur konstruktive Kritik bringt mich weiter“, sagt beispielsweise Deniz Saridaz. Meine Frage, ob es für alle das Ziel war, in die Schneider-Klasse aufgenommen zu werden, wird mit einem einstimmigen „Ja“, begleitet von eifrigem Kopfnicken beantwortet und lässt keine weiteren Zweifel zu. Hier stimmt die Chemie.
Zeit für die Einzelgespräche.
So viel sei an dieser Stelle bereits verraten und wen wunderte es? Das Thema Raum spielt bei aller Vielfalt eine große Rolle. Aus wie vielen Perspektiven dieser Begriff beleuchtet werden kann, war mir zuvor gar nicht bewusst. Zu nennen sind hier die Auseinandersetzung mit dem sozialen Raum, dem virtuellen Raum, dem mentalen bis hin zum außerirdischen Raum. Als Orientierungshilfe sind deshalb diese Zuordnungen den einzelnen Positionen überschrieben. Dargestellt werden Arbeiten aus den Atelierräumen 012, 204, 003, 002 und zwei Präsentationen im Gang.
Auf geht’s!
Raum 012: 1. Enya Burger, 2. Saskia Tamara Kaiser, 3. Jehoon Lee, 4. Deniz Saridas, 5. Dani Kim, 6. Pan Ren, 7. Ulvis Müller, 8. Mona Schulzek
Raum 012
1. Enya Burger (Isolation im öffentlichen Raum)
Enya Burger
Enya: Es handelt sich hier um eine Soundinstallation, die 600 Kopfhörer mit einer Soundquelle verbindet. Im unteren Teil befindet sich die Technik. Um den Sound wahrzunehmen, muss man den Kopf in das trichterförmige Gebilde hineinbewegen. Vorab hatte ich mich mit der Theorie von Michael Bull auseinandergesetzt, der die Privatisierung von Hörräumen im urbanen Raum erforscht. Darin zeigt sich der Einfluss, den zunächst das Auto, später der Walkman, der iPod oder jetzt das Handy auf unsere Teilhabe am öffentlichen Raum nahmen und nehmen. Wir teilen uns diesen zwar nach wie vor physisch, aber immer weniger akustisch. Meine Arbeit spielt mit der Isolation im Analogen und dem gleichzeitigen Wunsch nach Teilhabe im Digitalen.
2. Saskia Tamara Kaiser (Identitätssuche im virtuellen Raum)
Saskia Tamara Kaiser
Saskia: Zur Visualisierung meiner Idee habe ich mich für einen Mix aus Rauminstallation, Videoarbeit und Performance entschieden. Der Raum, die Kostüme und die Videoarbeiten, die außen Computerbilder des Spiels Sims und innen inszenierte Bilder aus der realen Welt zeigen, spielen alle mit dem Gedanken der künstlich inszenierten Identität im virtuellen Raum und dem Einfluss, den diese Inszenierung auf das reale Jetzt und das zukünftige Leben nimmt. Der unverkennbare Trend zur Selbstdarstellung im Kontext von Social Media wird hier ebenso bewusst auf die Spitze getrieben wie die futuristische Ausstattung.
3. Jehoon Lee (Bilder im mentalen Raum)
Jehoon Lee
Jehoon: Dieser als Ergebnis aus Performance und Skulptur entstandenen fotografischen Arbeit ist der Versuch vorausgegangen, performativ, über den Zustand der Transzendenz, Visionen hervorzurufen, die im Zusammenhang eines literarisch philosophischen Themas stehen. Konkret betraf es Heraklits „Panta rhei“, was so viel heißt wie: „Alles fließt“ oder „Alles bewegt sich fort und nichts bleibt“. Um ein prozessuales Erlebnis dieser Aussage zu generieren, bin ich zu nächtlicher Stunde mit einer Maske über dem Gesicht im Rhein geschwommen. Ziel war es, einen ohnmachtsähnlichen Zustand – ich nenne ihn Entorlmation – zu erreichen, der sich auch einstellte. In meinen Visionen war ich plötzlich umgeben von Flusstieren, die ich nach und nach einfing. Anfänglich waren sie sehr groß, aber je weiter mein Bewusstsein zurückkehrte, wurden sie immer kleiner – drohten zu verschwinden. Ich wollte sie aber irgendwie versuchen festzuhalten. All das spiegelt sich letztlich in der künstlerischen Umsetzung. Zuerst habe ich die Tiere skulptural nachgebildet und dann optisch immer weiter verkleinert, bis schließlich diese amöbenhafte Ästhetik in den Fotografien entstanden ist, mit denen ich meine erinnerten Bilder „festgehalten“ habe.
4. Deniz Saridas (Optische Wahrnehmung im Raum)
Deniz Saridas
Deniz: Meine Arbeit spielt mit der Wahrnehmung eines projizierten Bildes. Formal geht es um die Schnittstelle von Bild und Bildobjekt unter dem Einfluss von Bewegung und Licht. Während wir im Kino in einem abgedunkelten Raum eine Bildprojektion auf einer weißen Leinwand im Querformat sehen, sehen wir hier im Tageslicht eine Video-Projektion auf einer tiefschwarzen, hochreflexiven Oberfläche im Hochformat 9:16, das auch dem gängigen Handyformat entspricht. Weil sich das projizierte Licht je nach Standpunkt im Raum immer wieder neu mit dem Umgebungslicht mischt, sieht man mal mehr, mal weniger. Das Bild changiert unentwegt. Den Film habe ich in einem Mix aus oft stark verfremdeten Bewegtbild, Standbild und Sound komponiert. Doch steht nicht das Narrativ im Mittelpunkt, sondern der Wunsch den Betrachter dazu anzuregen, sich der Arbeit im Zusammenspiel mit der eigenen Bewegung zu nähern.
5. Dani Kim (Veränderung des Stadt“bildes“ im öffentlichen Raum)
Dani Kim
Dani: Diese Fotografien sind Teil einer Portrait-Serie, die noch weiter fortgesetzt werden wird. Wesentliches Attribut aller portraitierten Personen ist die Lieferando-Jacke. Im letzten Jahr waren mir irgendwann diese vielen orange gekleideten Menschen als eine neue Erscheinung im Bild des öffentlichen Raums aufgefallen. Dabei wurde mir bewusst, dass sich über den Anstieg der Zustelldienste und ihrer Uniformierungen Arbeit als Bild im urbanen Raum manifestiert. Indem ich generationenübergreifend möglichst viele Passanten dafür zu gewinnen versuche, sich mit der Lieferando-Jacke in einer Alltagssituation fotografieren zu lassen, möchte ich einen bewussten Bruch dieser Wahrnehmung hervorrufen.
7. Pan Ren (Überschneidung von sozialem und virtuellem Raum))
Pan Ren
Pan: Über das Scannen dieses überdimensionierten QR-Codes an der Wand öffnet sich ein TikTok-Link zu meinem Post. Darin erzähle ich eine Geschichte, die mir widerfahren ist. In der U-Bahn hatte eine Gruppe von geschätzt 14-jährigen Jungs versucht, mich mit hämischen Beleidigungen zu provozieren. Mein asiatisch Äußeres, meine zu diesem Zeitpunkt noch langen Haare und ein kleiner Pinsel in meiner Hand hatten sie aufs Höchste amüsiert und einen der Jungs, einen Rapper, zu einem spontanen Freestyle animiert. Über den Sprechgesang mit den Worten: „Du drückst deinen kleinen Pinsel zwischen deine Hände, deinen kleinen Pinsel zwischen deine Beine“, versuchte er, mich zum Battle herauszufordern. Spontan war ich zu keiner Regung fähig. Erst später entschied ich mich für eine Antwort via TikTok, um zum einen bewusst das Medium dieser Altersgruppe und Szene anzuwenden und zum anderen, um ein Ereignis aus dem sozialen Raum in den virtuellen Raum zu übertragen. Mit der Präsentation des Codes in diesem Raum erfolgt eine Umkehrung des Ganzen.
7. Ulvis Müller (Wahrnehmung von Geschwindigkeit im Raum)
Ulvis Müller
Ulvis: Zu sehen ist hier der Nachbau eines Mercedes mit Original-Rückleuchten, der umgedreht von der Decke herunterhängt. Die Rückleuchten spielen eine ebenso große Rolle wie die Art und Weise der Präsentation. Der Idee vorausgegangen ist ein persönliches Erlebnis. Ich war mit Tempo 100 in einem leichten Wagen auf der Autobahn unterwegs, als ich körperlich fühlen konnte, wie sich von hinten etwas Schweres mit hoher Geschwindigkeit annäherte, es dann nur noch zischte und ich letztlich nichts Weiteres als Rückleuchten erkennen konnte. Ich stellte mir die Frage, wie ich diesen Moment der Geschwindigkeit, Bewegung und Bedrohung als Skulptur transformieren könnte. Der Nachbau allein konnte es noch nicht vermitteln. Erst die Idee des Umdrehens und die Anmutung eines vertikalen Falls, kombiniert mit der Ummantelung mit schwarzem Tuch im Kontrast zum Rot der Rückleuchten, brachte für mich den Durchbruch, um die beabsichtigte Aussage schließlich zum Ausdruck bringen zu können.
8. Mona Schulzek (Kommunikation mit dem außerirdischen Raum)
Mona Schulzek
Mona: Vor der Frage, ob und wie Kunst im außerirdischen Leben kommuniziert werden kann, ist diese Installation als Kombination aus Parabolantenne und Website entstanden. Vor dem Hintergrund, dass unser ästhetisches Empfinden durch unsere Umgebung auf diesem Planeten geprägt ist, stellte ich mir die Frage, welcher Art Zivilisation es auf anderen Planeten geben könnte und ob es dort dann ein entsprechend andersartiges Ästhetik-Empfinden gibt. Können wir dann vielleicht über die Kunst als gemeinsame Sprache miteinander kommunizieren? Zur Entwicklung eines möglichen Modells ist letztlich diese Installation entstanden. In einer Reise durch Europa lade ich Menschen auf öffentlichen Plätzen ein eine persönliche Nachricht ins All zu senden, die dann über mein extraterrestrisches Alphabet zunächst als Textbild gestaltet und dann über Radiowellen versendet wird.
Gang: 1. Ko, 2. Paul John
Der Gang des Erdgeschosses mit Blick auf die Installation von Paul John
1. Ko (Rassismus im öffentlichen Raum)
Ko
Ko: Als Asiate wurde für mich der aufkommende Rassismus im letzten Jahr stark spürbar. Mit meiner Installation, bestehend aus historischem Fotomaterial und traditioneller Kleidung sowie eigenen Fotoarbeiten, nehme ich Bezug auf die Gastarbeitergeschichte der Koreaner. Die in den 1960er und 1970er Jahren zum Wirtschaftsaufbau von diesem Land angeworbenen Krankenschwerstern und Bergmänner erhielten die deutsche Staatsangehörigkeit und sind ebenso wie ihre nachkommenden Generationen entsprechend Teil dieser Gesellschaft. Dennoch werden sie aufgrund ihrer Physiognomie immer noch als Ausländer wahrgenommen. Mit meinen Fotoarbeiten, die ein asiatisches Mädchen europäisch und einen europäischen Jungen asiatisch inszenieren, möchte ich die Kulturmischung und Kulturverbindung als Gegenentwurf zum nationalistischen Denken zum Ausdruck bringen.
2. Paul John (Abstraktion von Raum)
Paul John
Paul: Meine Arbeit besteht aus einer Soundinstallation und vier bildhauerischen Objekten, die bewusst hier im Gang inszeniert sind. Wir hören [sehr laut] Teile der von mir immer weiter verlangsamten „Cellosuiten“ von Bach. Ebenso wie der Sound zieht sich auch der Gang in die Länge, so dass dieser der Akustik räumlich gegenübersteht. Am Ende des Flures sehen wir vier Gemälde-artige Plastiken. Je weiter wir uns davon wegbewegen, erkennen wir darin schemenhaft Türen, die wie gemalt erscheinen. Doch sind es echte Türen, die als sechste Wand einer geschliffenen Acrylglasvitrine verbaut sind. Interessant ist, dass wir, wenn wir uns zu nah daran bewegen, absolut nichts mehr erkennen. Das Auge verliert dann die Orientierung. Dieser optische Zwischenraum ist synonym zum akustischen Zwischenraum, den die Soundinstallation hervorruft. Diese Übergänge aus Verlieren und Eintauchen oder anders gesagt, sich vermeintlich Bekanntem neu zu nähern finde ich spannend. Dabei gibt es auch ethische Komponenten, die hierbei für mich in Bezug stehen. Sogar bei Heidegger findet man einiges diesbezüglich. Das jetzt aufzuschlüsseln, geht aber vermutlich zu weit [lacht]?
Raum 204: Sophie Schweighart (Spaltung von körperlichem und geistigem Raum)
Sophie Schweighart während ihrer Performance.
In Seitenlage mit dem Gesicht zur Wand liegt sie regungslos auf dem Boden des Raumes. Neben ihr liegt ein Handy. Sie ist da, aber irgendwie auch nicht. Ob ich überhaupt stören darf? Ich bewege mich vorsichtig auf sie zu und realisiere Ausschnitte in ihrem Kapuzenpulli, die QR-Codes freilegen. Ist das Handy dazu gedacht den Code zu scannen?
Sie unterbricht ihre ansonsten nonstop über die Öffnungszeiten andauernden Performance und beantwortet meine Fragen:
Sophie Schweighart im Gespräch.
Sophie: Idee ist es tatsächlich dazu herauszufordern, nah an mich heranzutreten und die Codes zu scannen. Dabei öffnen sich Videoarbeiten. Eines zeigt diesen Raum hier. Dann gibt es einen weiteren Code, der eine nächste Seite mit einem weiteren Video öffnet. Darin spielt eine verschlossene Tür eine bedeutende Rolle, die nur über das Scannen eines Codes geöffnet werden kann und zu einer nächsten Tür führt, die wieder … und so weiter. Die Tür fungiert als Symbol für den Eintritt in eine andere Welt, die nur virtuell im Sinne von geistig geöffnet werden kann.
Indem ich mich während meiner Performance in diesem Raum als zwar körperlich anwesend, über die Bewusstlosigkeit des Schlafes aber gleichzeitig als geistig abwesend inszeniere, greife ich das Bild der verschlossenen Tür auf, die ebenfalls nur über das Scannen des Codes einen Eintritt in meine geistige Ebene, in meine Traumwelten ermöglicht.
Raum 004: 1. Maya Spelleken, 2. Moritz Riesenbeck, 3. Majd Suliman
Raum 004
1. Maya Spelleken (Strukturen im mentalen Raum)
Maya Spelleken
Maya: Meine Arbeit ist eine Kombination aus Malerei und Skulptur. In der Malerei thematisiere ich den inneren Heilungsprozess, den man durchleben muss, um nach psychischem Schmerz wieder zur Balance zu finden. Oft wird versucht, diesem Schmerz durch Ignorieren des Erlebten aus dem Weg zu gehen. Doch hilft nur die Auseinandersetzung, um immer wiederkehrenden Erinnerungen ein Ende zu setzen. Das „The End“ der Neon-Skulptur ist deshalb positiv gemeint, als Ende des Schmerzes und Startpunkt für einen Neubeginn. Am Rande sei erwähnt, dass ich während ich das Bild auf dem Boden in einer kalten Autohalle gemalt habe, immer barfuß war. Um meine ständig kalten Füße möglichst schnell warm zu bekommen, bin ich zwischendurch immer wieder Rollschuh gelaufen. Vielleicht hat sich die Dynamik irgendwie auch auf das Bild übertragen und es ist auch deshalb so wild geworden [lacht].
2. Moritz Riesenbeck (Künstlerbuch zur raumbezogenen Soundinstallation)
Moritz Riesenbeck
Moritz: Bei ortsbezogenen Arbeiten stellt sich immer wieder die Frage, wie das jeweilige Projekt dokumentiert werden kann. Der hier zu sehenden Edition, die noch verlegt werden wird, ging eine Soundinstallation voraus, die ich für die Kirche „Hl. Johannes XXIII.“ in Köln konzipiert hatte. Also noch komplizierter, weil sich Akustik nicht in ein Bild übertragen lässt. Innerhalb der Dokumentation finden sich deshalb neben Texten die wesentlichen Elemente bebildert, über die ich den Sound entwickelt habe. Dazu gehören beispielsweise historische Grundrisszeichnungen, Fotografien und Skizzen, die ich angefertigt habe. Der Sound selbst findet sich als Soundfile auf einem Stick im Buch. Weil auch das Kirchenglas eine besondere Rolle spielte, habe ich das Cover des Buches durch eine, diesem entsprechende rote Glasscheibe mit dem Zitat „There is no colour in my work“ ergänzt. Ein sprachlicher Bruch zum Rot der Scheibe, aber inhaltlicher Hinweis auf die Soundarbeit.
3. Majd Suliman (Erweiterung des Bildraums)
Majd Suliman
Majd: Meine Arbeit sehe ich als eine Kombination aus Malerei und Skulptur, weil die skulptural ausgearbeitete Rahmung das Bild auch inhaltlich erweitert. In jedem Element der vier Eckpunkte finden sich Worte, die insgesamt die Aussage: „Beautiful things we share boredom“ entwickeln. Inhaltlich geht es also um das Thema Langeweile. Die zwei Figuren im Bild machen nichts anderes, als sich bei Vollmond auf einer Terrasse der Langeweile hinzugeben. Eine Fähigkeit, die uns aufgrund der Vielfalt der Ablenkungsmöglichkeiten immer mehr verlorengeht. Doch braucht es auch diese Momente des Nichtstuns, um schöne Dinge wahrnehmen und gemeinsam in Stille teilen zu können.
Raum 003: 1. Janina Kempkens, Jessica Tille, Jana Jess
Raum 003
1. Janina Kempkens (Projektraum)
Janina Kempkens
Janina: Bei dieser Videoarbeit handelt es sich um den Trailer zu einem Film, der sich noch im Entstehungsprozess befindet. Es ist die Dokumentation eines als Mix aus Urlaub und Arbeit gedachten Aufenthalts von sechs Künstlern in Griechenland. Wir hatten ein Haus gemietet und jeder wollte dort auf unterschiedlichste Art und Weise künstlerisch experimentieren. Ich hatte mich für die Dokumentation des Ganzen entschieden und war entsprechend immer und überall mit der Kamera dabei. Dass es, je länger wir dort waren, immer häufiger zu kleinen und großen Dramen innerhalb des sozialen Miteinanders kommen würde, hatte keiner von uns erwartet. Letztlich haben die Folgen des klassischen Lagerkollers ein Filmmaterial hervorgebracht, das deutlich melancholischer und schwermütiger wurde als erwartet. Eine Mischung aus Sozialstudie und Kunstprojekt.
2. Jessica Tille (Physischer Raum und mentales Bild)
Jessica Tille
Jessica: Wir sehen hier eine 2-Kanal-Videoarbeit: Eine Filmprojektion auf der Leinwand und parallel die Dokumentation meiner Aktion auf dem iPad. Der Film auf der Leinwand zeigt Bilder einer im Umbau befindliche Terrasse, die sich über die Zeit des Umbaus immer wieder veränderte. Die Aktion auf dem iPad zeigt Bilder, die mir dabei in Erinnerung blieben. Hintergrund war die Frage, wie sich der physische Raum als mentales Bild in der Erinnerung verankert. Fakt ist, dass die stetigen Veränderungen im physischen Raum und unsere eigene körperliche Bewegung darin ein zeitlich gleichgeschaltetes Erinnerungsbild unmöglich machen. Deshalb greifen wir auf Elemente zurück, die sich bereits in der Vergangenheit befinden und die letztlich eine ständige Bildüberschreibung des mentalen Bildes hervorrufen. Idee dieser parallel geschalteten Videos ist es deshalb, die Bilder der physischen Veränderung der Terrasse meinen Erinnerungsbildern gegenüber- und in einer nicht gegebenen Gleichzeitigkeit darzustellen.
3. Jana Jess (Körperraum)
Jana Jess
Jana: Dieser Videoarbeit vorausgegangen ist meine Auseinandersetzung mit Körperübungen, die mit traumatisierten Soldaten aus Kriegsgebieten durchgeführt wurden. Mich interessierte dabei die Frage, wie der Körper als Archiv von Erlebnissen und Erfahrungen funktioniert und wie versucht wird, diese zu reinszenieren und zu reaktivieren. Im Selbstversuch habe ich deshalb mit Körperübungen gearbeitet, die ein neurogenes Zittern im Körper auslösen. Über diese Initiierungen werden reflexartige Bewegungen hervorgerufen, die Erinnerungen ins Bewusstsein rufen. Eine Bewegung löst also einen Denkprozess aus. Um die Perspektive des Körpers in den Fokus zu setzen, habe ich mich bei der Dokumentation meiner Experimente für das Medium der Wärmekamera entschieden. Dabei interessierte mich auch der Aspekt des Lichts. Wir sehen nicht die Bilder des Lichts, das vom Körper reflektiert wird, sondern Bilder des Lichts, das der Körper aufnimmt und absorbiert.
– Geschafft und Ende –
Abschließend sei gesagt, dass diese Reportage zwar eine unvorhersehbare Arbeit mit sich gebracht hat, aber es ebenso unvorhersehbar war, auf eine solche Wucht spannender Gedanken zu treffen.
Deshalb ein großes Dankeschön an alle, die mitgemacht haben!