ARTCRATER – Die Online-Alternative im Kunstmarktsegment der Private Sales
Ein Gespräch mit der Gründerin Gudrun Wurlitzer
Fotos: Markus Schwer
Auch wenn der Aufbau einer Sammlung zunächst einmal durch Ankäufe bestimmt ist, kann sich immer mal wieder auch der Verkauf des einen oder andere Werkes als sinnvoll erweisen – beispielsweise bei Änderungen des Konzepts. Spätestens an dieser Stelle lernt der vormals hofierte Sammler den Kunstmarkt von einer anderen Seite kennen. Ein Galerist nimmt Werke nur selten zurück. In den meisten Fällen stellt die Einlieferung in eine Auktion deshalb die einzige Alternative dar. Doch ist eine solche Eingabe mit erheblichen Risiken verbunden: Bieterkriege, Aufgelder bis zu 30 Prozent des Hammerpreises oder Worst Case: Das Kunstwerk wird nicht verkauft und ist in diesem Fall verbrannt, wie es im Fachjargon heißt. Der Wert sinkt im Steilflug, die Verkaufschancen tendieren für eine lange Zeit gegen Null.
Eine neue Alternative bietet seit Anfang dieses Jahres das Onlineportal ARTCRATER, das Sammlern auf diskrete Art und Weise den An- und Verkauf von Kunstwerken im eigenen geschlossenen Netzwerk ermöglicht. Gründerin dieser Plattform ist Gudrun Wurlitzer.
Um die Person hinter diesem Projekt näher kennenzulernen und etwas über die Ideenentwicklung zu erfahren, besuche ich sie in Berlin. Die Architektin und Geschäftsführerin des gleichnamigen Architekturbüros lebt und arbeitet in einem Gebäudekomplex aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, der ursprünglich als Bankgebäude konzipiert war.
Dass Gudrun Wurlitzer auch leidenschaftliche Kunstsammlerin ist, zeigt sich spätestens beim Betreten ihrer Wohnung. Zeitgenössische Kunst vom Allerfeinsten ist hier mit großem Gespür in Szene gesetzt und gleichzeitig mit dem Interieur zu einer harmonischen Einheit komponiert. Großes Gespür hat sie auch bei der Auswahl der Künstler für ihre Sammlung, der Wurlitzer Pied A Terre Collection bewiesen, die mit Hochkarätern wie Wolfgang Tillmans, Isa Genzken oder Alicja Kwade zu den bedeutenden Privatsammlungen Deutschlands zählt.
Bei einem unterhaltsamen Rundgang beginnen wir unser Gespräch.
Ist Ihre Sammlung geplant entstanden oder hat sie sich eher als Selbstläufer entwickelt?
G.W.: Anfänglich als Selbstläufer. Viele der Künstler kannte ich bereits, bevor ich mit dem Sammeln begonnen habe. Das hat einfach etwas mit meinem Werdegang und dem Umfeld zu tun, in dem ich unterwegs war.
Als Architektin ist man aber doch nicht zwangsläufig in der Kunstszene unterwegs?
G.W.: Das ist richtig. Bei mir war es aber bereits meine Familie, die mich frühzeitig mit der klassischen Kultur und der modernen Kunst in Berührung gebracht hat. Ich stamme aus einer Familie, die seit Jahrhunderten Musikinstrumente fertigt und erfindet. Darüber hinaus war mein Mann Bernd Galerist in Düsseldorf. Ich selbst habe zwar in Berlin Architektur studiert, parallel bei Fehling&Gogel und danach drei Jahre bei Gottfried Böhm in Köln gearbeitet. Wie es der Zufall so wollte, war sein Büro direkt gegenüber von Hein Stünke, der zusammen mit seinem damaligen Kollegen Rudolf Zwirner Gründer des Kölner Kunstmarktes war und der einmal im Monat ein Artist-Dinner veranstaltete. Dort war ich häufiger Gast. Neben Köln war ich auch oft in Düsseldorf und dort mit vielen Künstlern der Becher-Klasse unterwegs. Hierbei sind Freundschaften wie beispielsweise mit Candida Höfer oder Thomas Ruff entstanden.
Sie haben hoffentlich rechtzeitig die Chance ergriffen und von diesen Künstlern auch Arbeiten angekauft?
G.W.: Glücklicherweise ja. Man glaubt es kaum, aber mein Mann und ich waren die ersten Käufer eines Werkes von Candida Höfer [lacht]. Grundsätzlich hätte man aber in dieser Zeit mehr kaufen sollen. Doch fehlte es leider am nötigen Kleingeld …
Und wo entdecken Sie seitdem neue Künstler?
G.W. Ich besuche regelmäßig Galerieausstellungseröffnungen und Kunstmessen. Hierbei entdeckt man automatisch neue Künstler, setzt sich mit ihrem Werk auseinander, besucht sie in ihren Ateliers, … Über jeden Ankauf entwickeln sich immer neue Kontakte. Insgesamt ein Prozess mit starker Eigendynamik.
Vorausgesetzt, man ist als Sammler etabliert. Nicht jeder Kunstinteressierte erhält die Einladung zur Preview, wo der Künstler anwesend ist oder die Gelegenheit zur Vorbesichtigung einer Kunstmesse.
G.W.: Absolut richtig. Das sind ganz klar die Privilegien des Sammlers. Um aber auch anderen Kunstinteressierten Zugang in diese exklusive Welt zu verschaffen und die Gelegenheit zu geben neue Künstler zu entdecken, habe ich 2014 das Künstlerportal ARTITIOUS entwickelt. Mittlerweile sind 250 Künstler darin eingestellt. Es gibt Einblicke in ihre Studios, ihre Arbeiten und regelmäßige News.
Und nun mit ARTCRATER das zweite Online-Projekt. Wie kam diese Idee zustande?
G.W.: Ausschlaggebend waren zunächst einmal eigene Erfahrungen beim Kunstverkauf. Wie sich dann in Gesprächen mit anderen Sammlern herausstellte, waren dies Erfahrungen, die wir mit vielen teilen können, über die aber ungern gesprochen wird. Neben schlechten Verkaufsergebnissen gehören hierzu beispielsweise Mindestpreise, auf die man sich in Nachverhandlungen eingelassen hat, nur um die Kosten eines teuren Rücktransports zu vermeiden oder auch einfach die Art und Weise, wie man behandelt wurde. Nicht zu vergessen die Sorge um die Veröffentlichung etwaiger schlechter Auktionsergebnisse, die sowohl dem Ruf des Künstlers als auch dem des Sammlers schaden. Die gesamte Grundsituation führt letztlich bei vielen Sammlern zu einer zunehmenden Zurückhaltung, was den Erwerb von Kunstwerken in Primärmarktgalerien betrifft. Vor diesem Hintergrund kam mir die Idee zur Entwicklung von ARTCRATER. Warum nicht eine risikolose Alternative konzipieren, die es Sammlern ermöglicht, diskret, vertraulich und direkt Kunstwerke online zu verkaufen oder zu erwerben, ohne die erzielten Preise in Datenbanken zu registrieren und zu veröffentlichen? Und so habe ich mich mit Experten beraten und dann die entsprechende Entwicklung auf den Weg gebracht.
Welche Gebühren entstehen für Käufer und Verkäufer und inwiefern sind Vorkenntnisse im Umgang mit dem Computer erforderlich?
G.W.: ARTCRATER erhebt nur eine Gebühr von 5% sowohl vom Verkäufer als auch vom Käufer, die während des Verkaufsprozesses eindeutig angegeben sind. Vorkenntnisse sollten lediglich in dem Rahmen vorhanden sein, dass selbstständig eine Registrierung vorgenommen werden kann. Für alles Weitere stehen Experten beratend zur Seite.
Und wie hat sich das Projekt bis jetzt entwickelt?
G.W.: Erfreulicherweise sofort sehr gut. Nach nur acht Monaten bewegen wir uns auf 1000 Mitglieder zu. Die Qualität der eingestellten Arbeiten und auch das Preissegment übertreffen unsere Erwartungen.
Zum Abschluss unseres Gespräches bekomme ich noch eine Führung durch die aktuelle Ausstellung der Wurlitzer Collection im Projektraum, der sich im Erdgeschoss des Gebäudes befindet und nach Vereinbarung öffentlich zugänglich ist.
Meine Frage ist eigentlich überflüssig, aber ich stelle sie dennoch: Wer kuratiert Ihre Ausstellungen?
G.W.: Selbstverständlich ich [lacht]. Bin einfach ein nicht zu rettender Workaholic… Aber tatsächlich ist es Teamwork mit meinem Mann. Er ist bei uns das ‚Trüffelschwein‘ und findet die besten Künstler im Kunstdschungel.
Weitere Informationen
über ARTCRATER: https://artcrater.com
über die Wurlitzer Pied A Terre Collection: http://wurlitzercollection.com